Geschichtswissenschaft
Grundsätzliches zu Methodik und Arbeitsfeldern
Das „Institut für angewandte Biografie- und Familienforschung Kassel (IBF-Kassel)“ ist ein wissenschaftliches Forschungsinstitut und Dienstleister für den an der Biografie- und Familienforschung interessierten Mitbürger. Das Institut arbeitet deshalb mit sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden und stellt diese nicht nur in den Dienst der Wissenschaft, sondern auch in den Dienst von Einzelpersonen oder Einrichtungen.
Eine der beiden Grundlagen für die wissenschaftliche Arbeit des Institutes ist neben der Soziologie die Geschichtswissenschaft, die mit ihrer „historisch-kritischen Methode“ eine Forschungsmethode für die historische Arbeit des Institutes anbietet. Hinzu kommen noch die Werkzeuge des Historikers, die sogenannten historischen Hilfswissenschaften. Selbstverständlich muss jeder historisch arbeitende Wissenschaftler auch ein Verständnis für Geschichte haben. Hier greifen die Geschichtsphilosophie und Geschichtsdidaktik.
Nach Ahasver von Brandt gibt es drei Vorraussetzungen für das historische Geschehen. Er nennt in seinem Buch „Werkzeug des Historikers“ den Raum, die Zeit und den Menschen. Diese werden von den historischen Quellen unterschieden. Die verschiedenen Vorraussetzungen und Quellen bilden ihrerseits aber die Hilfswissenschaften, die nachfolgend aufgelistet werden und in der Institutsarbeit Anwendung finden:
Historische Geografie
Historische Räume können nicht nur durch nationale Grenzen bestimmt werden, die auf politischem Wege geschaffen wurden. Oftmals sind es durch die Natur festgelegte Räume, in denen sich das Leben der Menschen, die Kultur und Religion auf unterschiedliche Art und Weise entwickelten. Es geht aber bei der Institutsarbeit nicht nur um die Beschreibung des geografischen Nebeneinanders und der sichtbaren Unterschiede. Es geht auch um die Definierung und Beschreibung des Lebensraumes einzelner Menschen und Familien. Dazu gehört das Dorf genauso wie die Burg, das Gut, der Einzelhof, die Stadt und die Kaserne, um nur einige zu nennen.
Zeitkunde (Chronologie)
Moderne Menschen verbinden mit der Frage nach der Zeit oftmals ihre persönlichen Erfahrungen mit der Zeit. Zeitmanagement ist ein zur Zeit beliebter Begriff, der im Zusammenhang mit der Bewältigung von Zeitdruck, also einer negativen Erfahrung des Menschen genannt wird. Zeit ist aber nicht eine Frage von Erfahrung. Es muss auch nach dem Sinn und der Definition von Zeit gefragt werden. Dazu gehört auch die Frage nach der Zeitrechnung und Zeiteinteilung. Warum zählen wir die Jahre nach Känigen oder besonderen Ereignissen? Warum brauchen wir einen Kalender und wer hat die Sekunden, Minuten, Stunden und Wochen erdacht? Ist die Einteilung der Zeit kulturell und religiös motiviert und welche Bedeutung hat die Einteilung für das Leben der Menschen in den Dörfern oder den Städten? Warum wird Christus Herr der Zeit genannt und was ist eigentlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Es gibt viele spannende Fragen rund um das Thema Zeit und alle diese Fragen können und wollen beantwortet werden.
Familienkunde (Genealogie)
Die Familienkunde ist als Familiengeschichtsforschung eine Teildisziplin der Familienforschung. Hier geht es um die historische Bewertung des Lebensraumes Familie und die Erforschung bestimmter Familien. Die Ergebnisse der Forschung werden in Übersichten, den sogenannten Tafeln, grafisch dargestellt oder in Form von Berichten und Listen zusammengestellt. Die Präsentation der Tafeln und Berichte erfolgt in einer geschriebenen Familiengeschichte.
Namenskunde
Die Namenskunde klärt die Herkunft und Bedeutung unserer Namen. Besonders für die Familiengeschichtsforschung ist es wichtig die regional unterschiedlichen Versionen eines Namens zu kennen. Der Familienforscher kann dann erkennen, ob eine Person zugezogen ist und wo sie eventuell herstammen könnte
Quellenkunde
Als Quellen werden alle Texte, Gegenstände und Tatsachen bezeichnet, aus denen der Wissenschaftler Rückschlüsse auf ein Ereignis oder eine Struktur ziehen kann. Dabei handelt es sich bei Quellen vielfach nur um Fragmente, die nicht für sich allein betrachtet ein Bild ergeben, sondern nur im Zusammenspiel mit anderen Quellen. Der Wissenschaftler setzt sein ganzes Wissen und Können ein, um von seinen Quellen aus eine These aufstellen zu können, die ggf. von anderen Wissenschaftlern in ihrem Gehalt bestätigt oder verworfen wird. Hinsichtlich des Umganges mit Quellen hat sich deshalb eine eigene Hilfswissenschaft gebildet, die sich mit dem Wesen von Quellen beschäftigt. Das Institut berücksichtigt bei seiner Arbeit alle Formen von Quellen, soweit sie eine Aussagekraft hinsichtlich des Forschungsobjektes besitzen. In der Regel wird es sich um schriftliche Quellen handeln. Hinzu kommen aber auch Tonbandaufnahmen, Bilder und Gegenstände. Mündliche Überlieferung können nur mit Einschränkungen berücksichtigt werden. Oftmals sind sie zum Verständnis eines Zusammenhanges sehr wichtig und unterstützen die Suche nach brauchbaren Quellen.
Schriftkunde (Paläografie)
Die Schriftkunde ist für die Arbeit des Institutes unverzichtbar, da viele historische Textquellen nicht in der heute üblichen Schrift verfasst und Abkürzungen, Zeichen und Begriffe benutzt wurden, die wir nicht mehr gebrauchen.
Urkundenlehre
Urkunden und Akten sind die schriftliche Hinterlassenschaft vergangener Zeiten und spiegeln die Geschäftstätigkeiten ihres Umfeldes wieder. Der Wissenschaftler muss sich deshalb mit der Entwicklung und dem Gebrauch von Urkunden und Akten auskennen um diese für seine Arbeit nutzen zu können. In diesem Fall sind sie eine besondere Form von Quelle und besitzen einen hohen Grad an Wahrheitsgehalt.
Wappenkunde (Heraldik)
Wappen sind wie Warenzeichen und Hausmarken eine Art Ausweis. Der Name leitet sich dabei von Waffen ab und wird als sogenanntes Vollwappen mit Helm, Schild und Helmzier dargestellt. Wappenfähigkeit hing deshalb mit dem Recht des Waffentragens zusammen. Wie auch heute bei der Bundeswehr dient das Wappen auch als Verbands- und Erkennungszeichen. Wappen wurden und werden auch heute noch von allen denen getragen, die das Recht des Waffentragens erwarben oder ausüben. Dazu gehören selbstverständlich nicht nur Adlige, sondern auch Bürgerliche oder Freibauern. Neben den erwähnten Verbandswappen gibt es also auch Familien- und Personenwappen und Wappen für Gemeinden, Städte, Staaten und Studentenverbindungen, die in Zeiten der Revolution auch an Kampfhandlungen teilnahmen. Wie ein Wappen auszusehen hat, regeln die Grundsätze der Heraldik, wie sie durch die Heroldsämter festgelegt wurden. Nur wer diese Grundsätze kennt, kann ein Wappen lesen und die Herkunft seines Trägers entschlüsseln.
Siegelkunde (Sphragistik)
Wie beim Wappen hat auch das Siegel seine Herkunft aus der Verwaltung des Staates. Es dient als Erkennungs- und Beglaubigungszeichen, wobei seine Handhabung teilweise durch Gesetze und Anwendungsvorschriften geregelt werden muss. Ein Siegel ist entweder an eine bestimmte Person oder ein Amt gebunden und je nach Zweck mit einem unterschiedlichen Grad an Rechtsverbindlichkeit ausgestattet. In der Bundesrepublik Deutschland haben die Dienstsiegel des Bundes den höchsten Rang, weshalb auf ihnen immer der Bundesadler zu sehen ist. Die niedrigste Bedeutung haben die Siegel von Privatpersonen, die bei privater Post oder Dokumenten Anwendung finden.
Ursprünglich wurde nur der Abdruck einer harten Form in einen weicheren und später erhärteten Untergrund als Siegel bezeichnet. Heute kann ein Siegel auch durch Stempelung von Farbe oder Anbringung eines Aufklebers auf eine Sache erzeugt werden. In erweiterter Form kann auch das Prägegerät als Siegel bezeichnet werden, auch wenn es sich um einen gewöhnlichen Stempel handelt. Ein Ring mit einem Prägestein wird Signet genannt. Dessen Form, die Trageart und dessen Bedeutung unterliegt ebenfalls bestimmten Regeln. Das Signet wird heute aber eher als Erkennungszeichen genutzt.
Ordenskunde (Phaleristik)
Die Ordenskunde ist die Wissenschaft von den Orden und Ehrenzeichen. Es handelt sich dabei um Auszeichnungen unterschiedlicher, meist staatlicher Einrichtungen, Stiftungen oder Behörden. Der Name Orden wurde dabei von den mittelalterlichen Ritterorden abgeleitet, wobei das Ordenssymbol ursprünglich als Zeichen auf dem Mantel und später um den Hals oder als Anhänger auf der Kleidung getragen wurde. Das die Orden und Ehrenzeichen kein Relikt der Vergangenheit sind, zeigt allein schon die Verleihungspraxis in der Bundesrepublik Deutschland. Gerade die Demokratie brachte eine Fülle solcher Auszeichnungen. Wichtigstes Nachschlagewerk für Behörden, Interessierte und Sammler, ist der "Sallach", der 2011 in 4. Auflage erschien. Der Autor hat damit einen Meilenstein der bundesdeutschen Ordenskunde gesetzt und alle modernen deutschen Auszeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Hinsichtlich der älteren Orden und Ehrenzeichen gibt es aber auch eine Vielzahl von Katalogen und Verzeichnissen.
Für die Biografie- und Familienforschung ist die Ordenskunde dort von Bedeutung, wo sich solche Orden und Ehrenzeichen im Besitz der Familie befanden oder sogar noch befinden. Oftmals gibt es nur Photos eines Angehörigen, der auf Uniform oder Frack solche Zeichen trägt. Hier kann der Forscher viel über die Person ableiten, das Bild datieren und das historische Umfeld rekonstruieren.
Münzkunde (Numismatik)
Auch wenn das Sammeln von Münzen ein weltweit stark verbreitetes Hobby ist, hat die Münzkunde ihren Ursprung bei den höchsten staatlichen Behörden. Das Münzrecht hatte der Staat oftmals auch an Privatpersonen vermietet und konnte somit wiederum hohe Staatseinnahmen erzielen. Das Geschäftemacherei dabei nicht ausgeschlossen werden konnte und teilweise sogar geduldet wurden, zeigt die Affäre zwischem dem Bankhaus de Witte und Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg. Andererseits war Herrschaft ohne große Bankhäuser z.B. der Fugger oder Rothschilds nicht denkbar. Die Biografie- und Familienforschung wird nur dort berührt, wo sich Münzen im Besitz von Personen oder Familien befanden oder noch befinden. Wenn der Besitzer nicht als Münzsammler bestimmt werden kann, so sind dessen Münzen oftmals ein Hinweis auf dessen Lebensverlauf oder die Familiengeschichte.
Militärkunde (Militaria und Militärgeschichte)
Die Militärkunde beinhaltet nicht nur die allgemeine Militärgeschichte, sondern auch die historische Entwicklung von Truppengattungen, Strategien und Taktik, den beruflichen Werdegang von Soldaten und den ganzen Bereich der Wehrtechnik und Militaria. Zu letzteren gehören die Waffensysteme, Kampftechniken, Ausrüstungen und Uniformen.
Auf Waffenbörsen und Spezialmessen können Sammler und historisch Interessierte Ausrüstungsgegenstände, Uniformteile und leichte Waffen erwerben. Diese Börsen und der damit verbundene Handel haben eine große Bedeutung für den Militärhistoriker und Sammler, wozu natürlich auch Museen gehören. Leider kam es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vermehrt zur Plünderung von Soldatengräbern, wobei auch die zur Identifizierung notwendigen Erkennungsmarken gestohlen wurden. Viele Soldatenschicksale können deshalb nie wieder geklärt werden.
Der Biografie- und Familienforscher muss sich deshalb in diesem großen und interessanten Wissensbereich bewegen können, wenn er das Schicksal von Soldaten oder besondere Kriegshandlungen beurteilen möchte. Oftmals befinden sich im Familienbesitz noch Militaria, Feldpostbriefe und Uniformfotos aus dem militärischen Alltag der Liebsten. Die Informationen über die Kriegsereignisse oder die Umstände der Verwundung, Tötung oder Gefangennahme sind dabei teilweise so spärlich, dass der betreffende Lebensabschnitt des Soldaten für die Angehörigen ein großes Geheimnis ist. Der Biografie- und Familienforscher kann aufgrund seiner Kenntnisse und seiner Beziehungen Hilfestellungen bei der Rekonstruktion des individuellen Schicksals geben, Kontakt zu den wichtigsten Behörden aufnehmen und die Umstände des Verbleibs eines Angehörigen klären helfen und ggf. erklären.
Die Militärgeschichte ist zudem nicht nur die Geschichte von Kriegen und Feldzügen, sondern auch die Geschichte von Garnisonen und Festungen. Viele unserer Städte waren zu solchen ausgebaut und verfügten über eine Bürgerwehr oder ein Garnisonsregiment, in welchem Reservisten Dienst taten. Die Einwohner von Garnisonen waren oftmals als zivile Mitarbeiter oder Zulieferer mit dem Militär verbunden und waren dem militärischen Tagesablauf unterworfen. Dazu hatte das Militär auch Polizeifunktionen und war für die Stadttore zuständig. Auch hier muss der Biografie- und Familienforscher die besonderen Verhältnisse berücksichtigen und in seine Beurteilung einfließen lassen.
Adelskunde
Obwohl der Adel in unserem Land keine Privilegien mehr genießt, ist er als solcher noch existent und anhand seiner Namen noch greifbar. Obwohl seine Bedeutung nur noch eine historische ist, besitzen viele adlige Familien aber auch noch Güter und Schlösser. Manches Dorf liegt unterhalb eines solchen Schlosses und das Leben in einem solchen Dorf ist ohne die entsprechende Familie nicht denkbar.
Den Adel sollte man sich aber nicht als eine reiche Schicht über den Bürgerlichen und Bauern vorstellen. Der Adel ist vielmehr als eine Art Kaste zu betrachten, in der es auch arme Adlige gibt, die ohne besonderen Einfluss sind. Der klassische Lebensraum des Adels ist das Gut auf dem Land, wo diesem die Aufsicht über eigene oder landesherrliche Dörfer oblag. Mit der industriellen Revolution und der Erstarkung des Bürgertums, nahm die Bedeutung des Adels stetig ab. Viele Adlige heirateten letztendlich auch Bürgerliche aus der Schicht der Fabrikanten um der drohenden Armut entgehen zu können.
Die Adelskunde ist also nicht eine Wissenschaft ewig Gestriger oder eine Anleitung zur Ausbeutung Unterprivilegierter. Sie beschäftigt sich mit dem Wesen und der historischen Entwicklung des Adels und beschreibt die Geschichte der dazugehörenden Familien. Adelslexika und Wappenbücher sind hier wichtige Nachschlagewerke. Heute gibt es auch Adelsvereine und Familienverbände, die Traditionen pflegen und Eigentum bewahren.
Auch hier muss sich der Biografie- und Familienforscher auskennen, möchte er sich mit einer Person, einer Familie oder deren Umfeld beschäftigen. Das Institut berücksichtigt die Besonderheiten des Adels bei seiner Forschung und ordnet ihn dem ihm zustehenden Platz in unserer Gesellschaft zu.
Heimatkunde
Die Heimatkunde beschäftigt sich mit der Geschichte und Entwicklung unserer Landschaften und Regionen. Dazu gehören auch die besonderen Traditionen der Dörfer, der religiösen Gemeinden, die Trachten, die Dialekte und Mundarten.
Der Biografie- und Familienforscher muss die regionalen Eigenheiten kennen um die Geschichte einer Familie in die Region einbinden zu können. Er muss Kontakte zu entsprechenden Heimatvereinen und Heimatmuseen unterhalten und sich mit dem Leben der Bevölkerung in seinem Wirkungsgebiet beschäftigen.
Das Institut forscht schwerpunktmäßig in der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus forscht es aber auch in Polen (in den ehemaligen preußischen Provinzen, z.B. im Ermland und Schlesien), sowie der deutschsprachigen Schweiz und der Refugien der Hugenotten.
Latein
Biografie- und Familienforschung ist ohne Lateinkenntnisse nicht möglich. Viele Kirchbucheintragungen oder Urkunden enthalten lateinische Abkürzungen und Bezeichnungen für Berufe oder die gesellschaftliche Stellung einer Person. Oftmals sind die Bedeutungen solcher Begriffe und Bezeichnungen von Region zu Region unterschiedlich. Der Forscher muss sich also auf die unterschiedlichen Gegebenheiten einstellen können und die Sprache richtig anwenden.